Bresnik vs. Thiem - Lösung im Rechtsstreit in Sicht
Günter Bresnik zählt zu den anerkanntesten Coaches im Welttennis. Als mit Abstand längstes und erfolgreichstes Projekt des Wieners gilt Dominic Thiem. Seit seiner Kindheit wurde der amtierende US-Open-Champion vom Trainer-Guru betreut - bis zur überraschenden Trennung vor zwei Jahren. Es folgte ein Rechtsstreit um angeblich offene Honorare. Nun will man sich außergerichtlich einigen.
Langer gemeinsamer Weg an die Weltspitze
Kaum ein Trainer hat das Spiel eines Tennisprofis derart geprägt, wie Günter Bresnik jenes von Dominic Thiem. Der renommierte Coach, der in der Vergangenheit bereits Topstars wie Henri Leconte und Boris Becker betreut hatte, nahm den damals sieben Jahre alten Niederösterreicher unter seine Fittiche und formte ihn mit teils radikalen Technikadaptierungen zum Weltklassespieler.
Frühjahr 2019: Der überraschende Bruch
Unter seinem Trainer, Manager und Mentor ging Thiems Karriereweg schier unaufhaltsam nach oben. Turniersiege auf Sand, Hartplatz, Rasen und in der Halle zeugen von dessen Vielseitigkeit, in Paris 2018 stand er erstmals in einem Grand-Slam-Finale. Neun Monate später bejubelte der Rechtsausleger in Indian Wells nach einem Finalsieg über Roger Federer seinen ersten Titelgewinn auf Masters-Ebene.
Begleitet wurde er damals vom kurz zuvor von Bresnik installierten Touring-Coach Nicolas Massú. Der Trainer-Guru selbst fehlte in der Spielerbox. Wenig später wurde bekannt, dass es zum Bruch zwischen den beiden gekommen war. In mehreren Interviews zeigte sich Bresnik danach von der Trennung tief getroffen.
Rechtsstreit: Es geht ums Geld
Und hinter den Kulissen brodelte es. Seinen ehemaligen Schützling, der inzwischen drei weitere Major-Endspiele erreichte und im September mit dem US-Open-Titel sein bisheriges Karriere-Highlight erlebte, verklagte der 59-Jährige im Herbst. Streitsumme: knapp 470.000 Euro. Bresnik beruft sich auf eine Vereinbarung, nach der ihm Anteile an sämtlichen von ihm an Land gezogene Sponsor- und Ausrüsterverträge zustehen. Eine mit Thiems neuem Manager Herwig Straka ausverhandelte, zeitbefristete Staffelung der Beteiligungen wurde vom Rechtsanwalt des Spielers als arglistig bezeichnet und für null und nichtig erklärt.
Bei der ersten Anhörung vor dem Wiener Landesgericht für Zivilsachen im Dezember einigte man sich schließlich auf ein Vieraugengespräch unter der Leitung einer Mediatorin, um einen außergerichtlichen Vergleich zu erzielen.
„Derzeit gibt es kein Verhältnis zu Dominic", sagt Bresnik in der österreichischen Tageszeitung Heute. „Sein Verhalten passt aber nicht zu ihm. Ich kenne ihn als Gerechtigkeitsfanatiker. Unterschriebene Verträge mit Erwachsenen gilt es einzuhalten." Dennoch beteuert er, um eine Lösung bemüht zu sein, betont in der Kleinen Zeitung aber zugleich: „Ich bin bei Dominic erfolgsbeteiligt und finde, dass ich jeden Cent, den ich kriege, mehr als verdiene."
Wolfgang Thiem, Vater des 27-Jährigen, bewertet im Heute-Interview den Fall naturgemäß anders:
„Ein Journalist wird seiner Volksschullehrerin auch nicht jeden Monat 300 Euro überweisen, weil er gut schreiben kann. Da sind Sachen dabei, die nicht in Ordnung sind. Ich will Bresniks Anteil nicht schmälern, aber irgendwann ist genug."
Fernduell beim ATP Cup
Das Gruppenduell im ATP Cup zwischen Österreich und Frankreich am Donnerstag, den 4. Februar 2021, gewinnt unter diesem Aspekt freilich zusätzlich an Brisanz. Denn Bresnik trainiert seit einigen Wochen Gaël Monfils, der mittlerweile 28. Spieler aus den Top 100 unter seiner Ägide. Dem französischen Showman, aktuell Nummer elf der Welt, traut er einiges zu, sogar einen Grand-Slam-Sieg.Als Genugtuung empfindet der Coach, der aufgrund der strengen Einreise- und Quarantänebestimmungen der australischen Behörden auf den Trip nach Melbourne verzichtete, die Zusammenarbeit jedenfalls nicht:
„Ich weiß seit 25 Jahren, was ich kann. Dominic Thiem ist auf meinem Mist gewachsen, ohne mich würde es ihn nicht geben."
Insofern fällt Bresniks Eischätzung zum Kräfteverhältnis auch relativ nüchtern aus: „Derzeit ist Gaël mindestens eine Klasse schwächer. Der Qualitätsunterschied zu Dominic ist groß."