US Open: Novak Djokovic auf Standby
Seit Wochen bereitet sich Novak Djokovic auf die US Open vor, ohne zu wissen, ob er in New York überhaupt antreten darf. Wie auch immer man zur Entscheidung des dreifachen Turniergewinners stehen mag, sich nicht gegen das Coronavirus impfen zu lassen, wäre ein endgültiges Urteil über die Teilnahmeberechtigung des Serben so kurz vor Turnierstart jetzt dringend nötig.
Saison voller Hürden
Für Novak Djokovic lief das Tennisjahr bisher nicht unbedingt rund. Die Saison begann mit der Seifenoper um seine Einreise in Australien. Auch danach musste der Superstar für zahlreiche Turniere absagen, weil lokale Behörden einen vom ihm hartnäckig abgelehnten Impfschutz gegen Covid-19 als Bedingung für einen Turnierstart stellten.
In Wimbledon durfte Djokovic zwar antreten und holte auch prompt seinen 21. Grand-Slam-Pokal, Weltranglistenpunkte gab es nach einem Disput zwischen der britischen Regierung und den Spielervereinigungen ATP und WTA um die Teilnahmeberechtigung von Profis aus Russland und Belarus für den Triumph allerdings nicht (TennisWetten.de berichtete).
Appell via Instagram
Sein Impfstatus hindert Djokovic derzeit auch, den North American Hardcourt Swing zu bestreiten, die Zeit für die am 28. August beginnenden US Open läuft ihm langsam, aber sicher davon. Auf seinen Social-Media-Kanälen appellierte der 35-Jährige Ende Juli fast an die amerikanische Regierung, ihn ins Land einreisen zu lassen. Aktuell benötigen allerdings Ausländer ausnahmslos einen vollständigen Impfschutz, um die Vereinigten Staaten zu betreten, US-Bürgern ist dies freilich auch ohne Immunisierung erlaubt.
Der erwähnte Instagram-Post des dreimaligen US-Open-Champions löste jedenfalls eine Debatte aus, was als Nächstes geschehen müsse, damit Djokovic in New York antreten darf. Die Stimmen, die der Meinung sind, dass er für seine Entscheidung gegen die Impfung genug gelitten habe, mehren sich.
Djokovic wertet Grand Slams auf
Die häufigste Argumentation der Fürsprecher lautet, dass Covid-19 längst zu einer Virusvariante mutiert sei, mit der die Welt zu leben gelernt habe, jeder Mensch selbst das Risiko abschätzen müsse und die Entscheidung von Djokovic lediglich eine Gefahr für seine eigene Gesundheit darstelle.
Auf einen derart großen Namen beim finalen Grand-Slam-Turnier des Jahres verzichten zu müssen, würde selbstverständlich eine gewaltige Lücke für das Tennis darstellen. Und die Teilnahme von Djokovic bei den French Open und in Wimbledon hat diese beiden Majors zweifelsohne mächtig aufgewertet.
McEnroe vs. Nadal
Einer der größten Unterstützer des Belgraders in dieser Angelegenheit ist John McEnroe. „Sich nicht impfen zu lassen, halte ich für grundlegend falsch, dennoch respektiere ich diese Entscheidung", sagt der vierfache Triumphator des Grand-Slam-Events in seiner Heimatstadt New York. „Novak ist einer der fittesten Kerle auf der Tour und achtet genau darauf, was er seinem Körper zufügt."
– John McEnroe.
Spielerkollegen haben sich zur Causa bisher kaum deklariert, allerdings hatte Rafael Nadal während der Australian Open gemeint, dass die Regeln für alle gleich wären und es Djokovic schließlich selbst in der Hand gehabt hätte, in Melbourne zu spielen, wenn er sich nur hätte impfen lassen.
Tatsächlich hat der 88-malige Titelgewinner auf der ATP-Tour viele Tennisfans enttäuscht, indem er unfreiwillig zum Gesicht der internationalen Anti-Impf-Bewegung aufstieg. Selbst hat Djokovic jedoch stets betont, nichts dagegen zu haben, wenn sich andere Menschen für die Impfung entscheiden.
Neun Monate bis zum nächsten Major?
Sich dem Vakzin zu verweigern, könnte allerdings nachhaltige Folgen für die weitere Karriere des knapp 160 Millionen Preisgeld-Dollar schweren Superallrounders haben, wenn auch nicht finanzielle. Denn nicht nur die diesjährigen US Open stehen auf der Kippe, Djokovic läuft zudem Gefahr, im Januar abermals die Australian Open zu verpassen. Denn seine Deportation aus Melbourne vor sieben Monaten hatte automatisch ein dreijähriges Einreiseverbot zur Folge.
Damit müsste „Nole" ein Dreiviertel Jahr warten, ehe er in Paris wieder bei einem Grand Slam starten dürfte. Und ein so ausgedünnter Turnierplan hätte unvermeidbar Auswirkungen auf sein spielerisches Level am Court und sein mentales Rüstzeug abseits davon.
Eine kleine Hoffnung bleibt
Djokovic gesteht, nach seiner beschämenden Ausweisung aus Australien lange gebraucht zu haben, um wieder sein Topniveau zu erreichen und jetzt keinesfalls nach Amerika reisen zu wollen, falls er nicht zu hundert Prozent sicher sein kann, in Flushing Meadows auch spielen zu dürfen.
Ein kleiner Hoffnungsschimmer bleibt aber dem amtierenden Wimbledon-Champion: Die amerikanische Gesundheitsbehörde CDC kündigte bereits letzte Woche an, die Einreisebestimmungen in den kommenden Tagen überprüfen und anpassen zu wollen. Ob die Entscheidung für Djokovic zeitgerecht fällt? Seine Tennistasche ist jedenfalls gepackt.