WTA Finals: Ärger um Spielort

tobi-redaktionTobi
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Zwei Länder kämpften um die Ausrichtung der WTA Finals, doch letztlich wird weder Saudi-Arabien noch Tschechien das Jahresabschluss-Event der Damentour veranstalten. Mit der späten Vergabe des letzten Saisonhighlights an das mexikanische Urlaubsparadies Cancun stieß die Profivereinigung allerdings nicht nur ihre Mitgliederinnen vor den Kopf.

Ursprungsplan spaltet die Tenniswelt

Über Monate kursierten Gerüchte, dass die WTA Finals in diesem Jahr in Dschidda in Szene gehen würden. Davor hatte bereits die Herren-Tour verkündet, ab 28. November die ATP Next Gen Finals von Mailand in der saudischen Hafenstadt am Roten Meer zu verlegen.

Nicht ganz unerwartet spaltete der neue potenzielle Austragungsort die Szene. So hätte sich die Tunesierin Ons Jabeur über ein Jahresabschlussturnier in der arabischen Welt gefreut. Auf der anderen Seite äußerten sich vor allem die Altstars wie Chris Evert, Martina Navratilova und John McEnroe wegen der Menschenrechtslage im Land hingegen skeptisch.

So brachte sich der tschechische Tennisverband ins Spiel, die Organisation zu übernehmen. Immerhin hätte man mit Marketa Vondrousova, Karolina Muchova, Petra Kvitova und Barbora Krejcikova gleich vier potenzielle Teilnehmerinnen im Einzelbewerb, Letztgenannte ist mit Katerina Siniakova für das Doppel praktisch fix qualifiziert.

petra-kvitova-1-1024x683Kein Heimspiel für Petra Kvitova.MehrWeniger

Lange Reisezeiten nach und von Mexiko

Es sollte anders kommen. Vergangene Woche gab die Vereinigung der Profispielerinnen bekannt, dass die mexikanische Touristenmetropole Cancun den Zuschlag für das vom 29. Oktober bis 5. November stattfindende Prestige-Event erhält. Die verdutzten Mitgliederinnen hat man zunächst nicht informiert.

Für diese bedeutet der gewählte Austragungsort, dass sie nicht nur nach dem Asian Swing eine sehr lange Anreise aus China auf sich nehmen müssen, sondern gleich danach wieder viel Zeit im Flugzeug Richtung Sevilla verbringen, wo eine Woche nach den Finals der Showdown um den Billie Jean King Cup steigt.

Tschechien erzürnt

In Tschechien, das bereits von einem Zuschlag ausgegangen war, zeigt sich der Verband über die plötzliche Wende verärgert. „Fünf, sechs Wochen lang haben wir alle Vorbereitungen getroffen und in der kurzen Zeit fast ein Wunder vollbracht", erklärt Tomas Petera im Gespräch mit dem Online-Portal isport.cz.


Wir haben sogar eigens einen Laster nach London geschickt, um die spezielle lila Farbe abzuholen, mit der wir den Court hätten streichen sollen. Und dann haben sie uns nicht einmal mitgeteilt, dass das Turnier in Cancun über die Bühne geht."

– Tomas Petera

Allein die späte Entscheidungsfindung bei einem Event dieser Größenordnung kann der ehemalige Profi nicht nachvollziehen. Schließlich bräuchten nicht nur die Veranstalter Planungssicherheit, sondern auch die Spielerinnen. „Die Vorgangsweise der WTA macht absolut keinen Sinn", so Petera.


Wer soll verstehen, warum zwei Monate vor so einem wichtigen Turnier niemand weiß, wo es überhaupt stattfindet? Sie haben sich als völlige Dilettanten erwiesen, in dem sie ihre größte Veranstaltung im Jahr wieder einmal in einer Last-Minute-Aktion vergeben. Guadalajara, Dallas und jetzt Cancun - Orte ohne jegliche Fan-Basis und Tennis-Infrastruktur."

– Tomas Petera

Spekulationen um Saudi-Deal

Einerseits hatte der 52-Jährige bei der WTA mit der Teilnahme einiger tschechischer Spielerinnen geworben, zum anderen wäre der Weg nach Tschechien auch für polnische Anhänger von Iga Swiatek nicht weit gewesen.


Wir hätten bei jedem Match ausverkaufte oder zumindest gut gefüllte Hallen in Ostrau und Prag garantieren können. Ich habe selbst Sponsoren aufgetrieben und ein sehr ansprechendes Budget präsentiert."

– Tomas Petera

Will man Spekulationen in der Szene Glauben schenken, so könnte aber ausgerechnet die prognostizierte Attraktivität von Peteras Konzept eine Vergabe an Tschechien verhindert haben. Denn WTA-Chef Steve Simon soll bereits einen fertigen, mehrjährigen Multimillionen-Dollar-Vertrag mit Saudi-Arabien für das Tourfinale ab 2024 in der Schublade liegen haben. Und ein zu großer Zuschauererfolg in dieser Saison würde die Veranstaltung in den nächsten Spielzeiten in einem schlechten Licht erscheinen lassen.

wimbledon2019-1024x544In Europa füllt der Tennissport die Stadien, wie hier in Wimbledon.MehrWeniger

Halbes Feld qualifiziert

Petera glaubt auch zu wissen, warum sich die WTA letztlich für Mexiko entschied, will seinen Verdacht aber nicht öffentlich äußern.


Objektiv betrachtet gibt es keinen vernünftigen Grund. In Cancun muss die WTA für sämtliche Ausgaben selbst aufkommen. Und die Spielstätte sieht aus wie eine kleine Basketballhalle bei uns auf dem Land."

– Tomas Petera

Ursprünglich hatte die WTA eine Zehnjahres-Vereinbarung mit der südchinesischen Tech-Metropole Shenzhen. Nach der Premiere 2019 musste man aber zunächst aufgrund der Pandemie eine Alternative finden. Danach wollte die Tour wegen des Falles Peng Shuai, die einem hohen Regierungsbeamten sexuelle Nötigung vorgeworfen hatte, nicht ins Reich der Mitte zurückkehren.

Aktuell haben die als Big 4 des Damentennis etikettierten Aryna Sabalenka, Iga Swiatek, Coco Gauff und Elena Rybakina ihre Tickets für die WTA Finals bereits gelöst, die Top 8 der Jahreswertung sind im Plaza Quintana Roo von Cancun spielberechtigt. Vorjahressiegerin Caroline Garcia hat diesmal kaum noch Aussichten, sich zu qualifizieren.

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Autor: Tobi
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