Ashleigh Barty: Die nächste Rückkehrerin?
Jede Tennisspielerin hat ihre eigene Geschichte. Doch die Fälle prominenter Champions, die nach langen Auszeiten wieder in die WTA-Tour einsteigen, häufen sich. Auch bei Ashleigh Barty gibt es vage Indizien, auch wenn die Wahrscheinlichkeit für ein Comeback deutlich geringer erscheinen als bei Woznacki, Clijsters & Co.
Zahlreiche Fälle
Am Höhepunkt ihrer Karriere trat Ashleigh Barty als frisch gekrönte Australian-Open-Siegerin und unangefochtenen Nummer eins der Welt vor gut eineinhalb Jahren von der Tennisbühne ab. Dem professionellen Sport abzuschwören, obwohl man weder durch fortgeschrittenes Alter oder einer Verletzung dazu gezwungen wird, gilt aber nachweislich nicht als definitiver Endzustand.
Experten sind skeptisch
Wird das Leben von Ash Barty einen ähnlichen Verlauf nehmen? Wenig deutet derzeit darauf hin, auch wenn die Australierin erst 27 Jahre jung ist. „Keine Chance", lautet etwa die erste Reaktion von ESPN-Analystin Rennae Stubbs, die ihrer Landsfrau nach wie vor nahesteht. „Ich habe aber in Wahrheit keine Ahnung. Ash ist ein sehr verschlossener Mensch." Allzeit-Legende Chris Evert gibt eine gleichermaßen klare Antwort auf die Frage, ja wählt sogar dieselben zwei Worte: „Keine Chance."
Für diese Skepsis gibt es mehrere Gründe. Nicht alle Mütter haben die dieselben Wünsche und Ziele, nicht alle Frauen regeln ihr Leben nach ihren Sportkarrieren gleich. Alter, Fitness, Einkommenspotenzial und allgemeine Zufriedenheit beeinflussen die Entscheidungen von ehemaligen Profis, die nicht einst wegen ihrer mangelnden Wettbewerbsfähigkeit aufgehört haben.
Unerledigte Dinge
Bei einer ganzen Reihe prominenter Spielerinnen, die nach einer längeren Schaffenspause zurückkehren, dürfte das Gefühl unerledigter Dinge den Drang zum Comeback forcieren. So hatte Clijsters vor ihren zwei langen Pausen noch nicht ihren Frieden mit den Majors geschlossen. Nach vier gescheiterten Anläufen gewann die Belgierin in New York ihr fünftes Finale, als Mutter folgten drei weitere Titel.
Und Wozniacki, eine fantastische Athletinnen, die 2014 zwischen ihren Turniereinsätzen auf der WTA-Tour den New York Marathon bestritt, warf 2020 wegen von rheumatoider Arthritis verursachter chronischer Schmerzen und ihrem Kinderwunsch mit 29 das Handtuch. Zum damaligen Zeitpunkt war sie bereits an der Spitze der Weltrangliste gestanden, hatte aber nur einen Grand-Slam-Pokal gewonnen. Es dauerte nicht lange, um wieder Leidenschaft, Antrieb und Hunger für den Leistungssport auf höchstem Level zu finden.
Die herausragende Karriere von Naomi Osaka war 2021 ins Stocken geraten, später enthüllte sie, mit ihrer psychischen Gesundheit zu ringen. Eine Zeitlang quälte sich die Japanerin durch den Turnierkalender, ehe sie im Herbst 2022 die Notbremse zog, wenig später bekam sie ein Kind. Von Rücktritt hatte die ehemalige Nummer eins und vierfache Grand-Slam-Championesse allerdings nie gesprochen. Mit 24 Jahren bereitet sie nun ihr Comeback vor.
Große Heimatverbundenheit
Auch wenn jede Spielerin ihre eigene Geschichte hat, lassen diese Fälle durchaus darauf schließen, dass eine Rückkehr von Ashleigh Barty vielleicht weit weniger wahrscheinlich, aber doch nicht ganz auszuschließen ist. Es gibt jedoch schwerwiegende Gründe, an ein Comeback des 1,66-Meter kleinen Energiebündels zu zweifeln.
Einerseits plagte sich die Queenslanderin von Beginn ihrer Laufbahn an mit einer der Grundanforderungen des Berufes, den ständigen Reisen. Für Australierinnen stellen internationale Trips freilich besondere Herausforderungen dar, weil sie über weite Strecken der Saison kaum die Gelegenheit für einen kurzen Abstecher in die Heimat haben.
Zudem fühlt sich Barty zu ihrem persönlichen und familiären Umfeld derart hingezogen, dass sie wegen ihres chronischen Heimwehs bereits mit 18 Jahren eine längere Pause vom Tennissport eingelegt hatte. Als gefeiertes Wunderkind versuchte sie sich damals in der professionellen Cricket-Liga Down Under und spielte auch einige Golf-Turniere.
Rücktritt am Höhepunkt
2016 nahm das Multitalent aber wieder das Racket in die Hand, um sich doch noch um unerledigte Dinge zu kümmern. „Sie ist heimatverbunden, verheiratet und hat ein Kind", bringt es Chris Evert auf den Punkt. „Aus meiner Sicht will und wird sie nicht mehr zurückkommen."
Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits den für Australier zweitwichtigsten Pokal gewonnen, jenen in Wimbledon. Und nebenbei hatte die mit so vielen Schlagvarianten gesegnete Ausnahmeerscheinung dreimal in Folge das Jahr als Nummer eins der Welt abgeschlossen.
Zukunftspläne? Offen!
Unmittelbar nach dem umjubelten Triumph bei den Australian Open ließ es Barty dann endgültig sein, wie einst Pete Sampras nach seinem Titelgewinn bei den US Open 2002. Sie habe all ihre Träume erfüllt, erklärte die bodenständige Rechtshänderin ihren einschneidenden Schritt.
Diskussion beendet, oder? Naja, nicht ganz. In der australischen YouTube-Show „Let's Talk" ließ Barty die Antwort auf die Frage nach ihrer Zukunft offen.
Fortsetzung folgt?