Neue Turnierbälle: Nimmt Verletzungsrisiko zu?

tobi-redaktionTobi
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Sowohl am Damen-Circuit als auch auf der Herren-Tour führen Profis ihre Blessuren im Arm- und Schulterbereich regelmäßig auf die neuen Bälle zurück. Fest steht, dass zur Erhöhung der Attraktivität der Matches immer langsamere Spielgeräte entwickelt werden. Dafür nimmt die Debatte um die umstrittenen Filzkugeln mächtig Fahrt auf.

Toleranzgrenzen bei Größe und Gewicht

Tennis Wetten IconEin offizieller Tennisball misst einen Durchmesser von rund 67 Millimetern und und weist ein Gewicht von etwa 58 Gramm auf, mit jeweils geringen Bandbreiten nach oben und unten. Obwohl nur eine kleine, mit gelbem Filz überzogene Naturgummikugel, hat sich das Spielgerät zu einem Riesenthema bei WTA und ATP entwickelt.

Doch dreht sich der stetig lauter werdende Aufschrei nicht darum, ob ein bestimmter Ball besser für das Grundlinien- oder Angriffsspiel bzw. für Sandplätze oder Hardcourts geeignet ist. Viel mehr beklagen die Profis, dass die Eigenschaften der neuen, auf den Touren eingesetzten Bälle Verletzungen an Ellenbogen, Handgelenk, Arm und Schulter fördern.

Wie eine Grapefruit

Mit einigen Bällen sollte man auf der Tour nicht spielen. Sie sind einfach nicht gut genug", meint etwa Craig Boynton, Coach des polnischen Topstars Hubert Hurkacz.

Manche Spieler, die in einem Turnier weit kommen, können vor dem nächsten Event kaum trainieren, weil ihre Arme und Schultern stark in Mitleidenschaft gezogen sind. Und dann müssen sie sich eventuell sogar auf einen völlig anderen Ball einstellen. Das hat großer Auswirkungen."
– Craig Boynton

Daniil Medvedev hatte bei den China Open die schon eingeschlafen geglaubte Diskussion wieder ins Rollen gebracht. „Nach ein paar Schlägen werden die Bälle größer und flauschiger - fast wie eine Grapefruit", fällte der Weltranglistendritte ein hartes Urteil über die in Peking verwendeten Head-Bälle.

Die Rallyes gehen 30-mal über das Netz, weil du keine Winner schlagen kannst."
– Daniil Medvedev

Mit einem Post auf der Online-Plattform X pflichtete Taylor Fritz dem Russen bei. „Seit Beginn der US Open Series kämpfe ich mit Problemen am Handgelenk. In drei Wochen haben wir mit drei verschiedenen Bällen gespielt." In der Tat ist schwer nachzuvollziehen, warum die Vorbereitungsturniere nicht die gleichen Spielgeräte benützen wie die darauffolgenden Majors.

Mehrheit zeigt sich resignierend

Zahlreiche Akteure zeigen sich unzufrieden, finden sich aber Großteils resignierend mit der Situation ab. „Es ist hart, aber als Tennisspieler musst du dich anpassen können", sagt etwa Carlos Alcaraz. „Aber natürlich ist es ein eigenartiges Gefühl, zu einem Turnier zu kommen und zunächst einmal zu fragen, mit welchem Ball gespielt wird."

Bei den Australian Open kommt mit Dunlop der am meisten auf der ATP-Tour verwendete Ball zum Einsatz, der aber offenbar ebenso viel Gesprächsstoff wie Topspin generiert. In diesem Jahr hatte Medvedev schon vor seinem Drittrundenmatch gegen Sebastian Korda an seinem Handgelenk laboriert. Nach der Niederlage gegen den Amerikaner entschied sich der 27-Jährige jedoch, nicht darüber zu reden.

RufzeichenNachdem sich in den folgenden Wochen die Beschwerden von u.a. Holger Rune, Stefanos Tsitsipas und Korda selbst gehäuft hatten, ließ schließlich auch Medvedev in Doha Dampf ab. „Die Dunlops scheppern, als ob du auf Äpfel eindrischst. Diese Bälle zu verwenden, sollte neu überlegt werden."

Längere Rallyes gewünscht

Die Debatte keimte erstmals unmittelbar nach der Millenniumswende auf, als die Turnierveranstalter beschlossen, das Tempo aus dem Spiel herausnehmen zu wollen, um längere Ballwechsel zu ermöglichen und die Matches für die Zuschauer attraktiver zu machen. Man legte langsamere Böden auf und setzte weniger flotte Bälle ein, die direkte Punktschläge erschweren sollten.

Dass dabei aber das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wurde, erscheint immer evidenter, weil die Spieler heutzutage größer, stärker und fitter sind und auch die Materialentwicklung vor dem Fortschritt nicht Halt macht.

Die größte Gefahr für die Gelenke und Muskeln der Arme entsteht durch eine simple Bewegung: den Schlag. Die Kraft, mit der man den Ball trifft, sowie die Eigenschaften von Racket, Saite und Ball bestimmen den Stressfaktor, dem der Schlagarm ausgesetzt ist. Die neuen „Extra Duty" genannten Universalbälle verfügen über schwerere Filzfasern als die herkömmlichen, dehnen sich schneller, fühlen sich beim Schlag schwerer an und fördern dadurch auch längere Rallyes.

tennis-ball-schlaegerTennisball SymbolbildMehrWeniger

Veranstalter bestimmen Bälle

Mit dem Dunlop AO gibt es zwar am Herren-Circuit einen offiziellen Tourball, doch sind die Veranstalter nicht dazu verpflichtet, diesen zu verwenden. Jedes Event kann mit einem selbst gewählten Hersteller eine Partnerschaft eingehen. Es dreht sich also alles wieder einmal ums Geld. „Das Thema könnte grundsätzlich leicht gelöst werden", ist Boynton überzeugt. „Aber jedes Turnier will natürlich den für sich besten Deal aushandeln. Deshalb sind uns die Hände gebunden."

Ungeachtet der vielen Spielerbeschwerden, verlängerten die Australian Open im vergangenen Januar den Vertrag mit Dunlop für weitere fünf Jahre. Brisanterweise wurde die Vereinbarung erst verkündet, nachdem Rafael Nadal seine Unzufriedenheit mit dem Spielgerät geäußert hatte.

ZitatSie behaupten, dass der Ball die gleichen Eigenschaften hat wie der bei den letzten Turnieren", so der zweimalige Melbourne-Sieger. „Aber er ist zweifellos schlechter. Nach ein paar Schlägen verliert er den Druck und es wird schwieriger, den richtigen Spin zu erzeugen."

Einheitsball für jeweilige Beläge?

Laut Boynton wird die geringe Qualität beim Tausch der Bälle offensichtlich. Dazu muss man wissen, das es bei Turniermatches zuerst nach sieben, dann nach jeweils neun Games neue Bälle gibt.

Die Beschaffenheit gegen Ende eines solchen Zyklus eine andere als zu Beginn. Die Spieler sind inzwischen gezwungen, ihre Strategien danach auszurichten."
– Craig Boynton

Ein Lösungsansatz wäre, nur zwei bis drei verschieden Balltypen für jeden Belag zuzulassen, wogegen sich allerdings die Turniervermarkter wohl zu Wehr setzen würden. Umgekehrt gibt es aber auch in diversen Fußballligen einen Einheitsball oder auch in der Formel 1 nur einen Reifenlieferanten.

Auch Grand Slams mit verschiedenen Marken

tennis belag

Unterschiedliche Beläge, unterschiedliche Anforderungen

Doch sogar bei den jeweiligen Grand Slams werden unterschiedliche Ballmarken eingesetzt, weil sich die Beläge der vier größten Turniere teils radikal unterscheiden. Wimbledon ist seit jeher mit der Firma Slazenger vermählt, die beteuert, dass ihr Ball einen Nässe abweisenden Filz aufweist, der die Lebensdauer auf feuchten Böden verlängert.

Roland-Garros verwendete lange Jahre Dunlop, wechselte - angeblich wegen zu großer Kritik - 2011 zu Babolat. Diese Bälle wurden wiederum als zu leicht moniert. Mittlerweile setzen die Franzosen auf einen speziell für rote Asche konzipierten Wilson. Die gleiche Marke in anderer Ausführung kommt schon seit einem halben Jahrhundert bei den US Open zum Einsatz und ist seither von den Spielern kaum beanstandet worden.

US Open kommen Damen entgegen

Bei den Damen gab es aber sehr wohl Unmut. Bis zum letzten Jahr wurde in New York mit der leichteren, herkömmlichen Variante gespielt. Anhaltende, von Iga Swiatek angeführte Proteste stimmten die Organisatoren jedoch um, bei der diesjährigen Ausgabe schlugen auch die WTA-Asse auf die von den Männern verwendeten Extra-Duty-Bällen ein.

Der Wechsel stellte sich als Erfolg heraus, zumindest bei den meisten Spielerinnen. Wimbledon-Championesse Marketa Vondrousova zog sich nach ihrem Viertelfinaleinzug aus dem Doppelbewerb zurück, da sie wegen der schwereren Bälle Schmerzen im Schlagarm verspürte. Ons Jabeur beklagte eine entzündete Schulter und meinte halb scherzend: „Ich hoffe, Iga ist glücklich."

Doch fügte die Tunesierin auch an, dass sie in ihrer Kindheit mit allem gespielt hat und dies auch weiterhin so handhaben würde, selbst mit Steinen. Medvedev hat schon jetzt das Gefühl, dass er dies tut.

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Autor: Tobi
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