Iga Swiatek: Auf dem Weg zur Ikone
Mit einer atemberaubenden Saison voller fabelhafter Meilensteine hat Iga Swiatek das Damentennis in unerwartete Höhen gehievt. Gleichzeitig scheint die junge Polin früh erkannt zu haben, wann sie sich selbst zurücknehmen muss, um ihr Toplevel über die Jahre halten zu können.
Nahtlose Übergabe
Als Ashleigh Bartys plötzlicher Rücktritt im vergangenen Frühjahr das Damentennis in Unordnung stürzte, bedauerten Insider wie Fans gleichermaßen den Verlust einer lange gesuchten, dominierenden Erscheinung in einem Sport, der seit Jahren unter dem Fehlen einer solchen Führungspersönlichkeit litt.
Seit dem langsamen, aber stetigen Sinken des Sterns von Serena Williams, der vielleicht besten Tennisspielerin aller Zeiten, hatte keine Akteurin mehr über ähnliches Talent verfügt wie die Australierin (siehe: Die 25 Karriere Highlights von Ashley Barty). Dass aber die nächste imposante Kraft in diesem Sport nur darauf wartete, sich endlich entfalten zu dürfen, hatte niemand erahnt.
Nicht einmal Iga Swiatek selbst. Doch ehrte die Polin nach der Wachablöse an der Spitze des WTA-Rankings am 4. April diesen Jahres mit einer ganzen Reihe an zunächst nicht für möglich gehaltener und unvergesslicher sportlicher Statements auf Anhieb ihre neue Stellung im Welttennis.
Beeindruckender Siegeslauf
Die folgenden sieben Monate stand die gesamte Szene unter dem Eindruck des Zaubers, den Swiatek auf den Turniercourts versprühte. Die Kollegschaft hatte größte Mühe, nur einzelne Spiele gegen die neue Nummer eins der Welt zu gewinnen, geschweige denn ganze Matches.
Nur kurzes Zwischentief
Im Juni jubelte Swiatek über ihren zweiten Titel bei den French Open, der sie zur jüngsten Spielerin seit Maria Sharapova 2006 machte, die mehr als ein Grand Slam gewinnen konnte. Zwischendurch fiel die Überfliegerin wieder auf die Erde zurück und landete etwas unbeholfen auf dem rutschigen Rasen von Wimbledon.
Smarte Ansagen
In der gesamten Saison fegte die Rechtshänderin 15 Top-Ten-Spielerinnen nacheinander vom Platz, Gleiches gelang in den letzten vier Jahrzehnten lediglich Steffi Graf und Martina Navratilova. Die Warschauerin in einem Atemzug mit den beiden Allzeit-Größen des Tennissports zu nennen, hätte vor zwölf Monaten noch sehr unangemessen geklungen. Doch nach ihrer sensationellen Kampagne 2022, in der sie von 76 Matches nur neun verlor, kommen die Parallelen immer deutlicher zum Vorschein.
Das Jahr war allerdings lang und anstrengend. Man sah Swiatek gegen Ende auch das Bedürfnis nach Ruhe an, wie sie unmittelbar nach ihrer enttäuschenden Semifinal-Niederlage bei den WTA Finals gegen Aryna Sabalenka auch offen artikulierte:
Dosierung als Erfolgsrezept
Folgerichtig nahm sich Swiatek die Freiheit, ihre physische und mentale Gesundheit vor den vergangene Woche ohne sie in Glasgow über die Bühne gegangenen Billie Jean King Cup zu stellen. Als Vorbild diente dabei keine Geringere als Serena Williams, die im Verlauf ihrer Karriere stets auf eine adäquate Burnout-Prävention mit ausgedehnten Spielpausen setzte.
Dass sich Iga Switek in ihren jungen Zwanzigern bereits Gedanken über die Optimierung ihres Turnierkalenders Gedanken macht, ist ein weiterer Beweis ihrer ausgeprägten Reife, auf und neben dem Platz. Je länger sich die elffache Titelgewinnerin auf dem WTA-Circuit und siebenmalige Turniersiegerin auf ITF-Ebene an der Spitze halten kann, desto mehr profitiert das gesamte Damentennis.