Sascha Zverevs goldenes Jahr
Trotz einiger Störfeuer abseits des Courts, spielte Alexander Zverev 2021 das beste Tennis seiner Karriere. Olympisches Gold, Sieger der ATP Finals und insgesamt sechs Titel belegen seine steile Entwicklung. Mit 24 Jahren ist Deutschland Nummer eins nun überreif für seinen ersten Grand-Slam-Triumph.
Sechs Turniersiege inklusive Olympiagold
Das abgelaufene Jahr wird Alexander Zverev bestimmt nicht vergessen. Von seinem ersten Saisontitel im März in Acapulco bis zum Triumph bei den ATP Finals im November, bestach der einst so labile Tennisstar durch unerschütterliche Konstanz.
Gesamtes Spiel weiterentwickelt
Vor allem in der zweiten Saisonhälfte wuchs Deutschlands Nummer eins regelmäßig über sich hinaus. Sein Niveau hat längst Sphären erreicht, die eines Grand-Slam-Champions würdig sind. „Es wäre der logische nächste Schritt", ist sein prominenter Fürsprecher Boris Becker von einem Titel auf höchster Ebene überzeugt.In diesem Jahr konnte der Schwerarbeiter, der eine imposante Matchbilanz von 59:12-Siegen aufwies, alle Teilelemente seine Spiels verbessern. Speziell der Aufschlag hat sich zu einer echten Waffe entwickelt, die auch dann nicht mehr verstumpft, wenn das erste Service ins Out springt.
– Boris Becker über die Major-Chancen seines Landsmanns.
Letzter Kraftakt in Turin
Bezeichnend für seine neugefundene Beständigkeit war der Auftritt bei den ATP Finals in Turin. Im Semifinale zwang Zverev, der vor dem Turnier noch über Müdigkeit geklagt hatte, den Weltranglistenersten Novak Djoković nach auslaugenden zweieinhalb Stunden in die Knie. Obwohl der Ball bei insgesamt 30 Rallyes mehr als neunmal über das Netz geflogen war, verlor der 24-Jährige nie den Fokus, den er ohnehin noch für das Endspiel benötigen sollte.
Dort steigerte er sich gegen den aktuellen US-Open-Sieger Daniil Medvedev noch einmal und lieferte er eine fast makellose Performance ab. Der Nummer zwei der Welt war in der gesamten Partie keine einzige Breakchance vergönnt, nach einer guten Stunde war der Spuk für den Russen vorbei.
Zverev feierte nach 2018 seinen zweiten Triumph bei den Finals und kletterte im ATP-Ranking auf Platz drei, wo er nicht mehr seit April 2019 gestanden war. Das Jahr hatte er noch auf Position sieben begonnen.
Zwei Grand-Slam-Semifinals
Zweimal kam der Hamburger 2021 auch unter die letzten Vier eines Grand-Slam-Turniers. In Paris hatte Zverev bis zur Vorschlussrunde keinen einzigen Satz abgeben müssen. Im Semifinale angekommen, schlug er nach 0:2-Rückstand gegen Stefanos Tsitsipas zurück, ließ im entscheidenden Durchgang aber drei Möglichkeiten aus, dem Griechen ein Aufschlagspiel abzunehmen.
Auch im Halbfinale der US Open gegen Novak Djoković ging es über die volle Distanz, und wieder war sein Gegenüber an jenem Tag zu stark. „In wichtigen Augenblicken spiele ich lieber gegen jeden anderen", erklärte Zverev nach dem Match und nahm dabei nicht nur auf einen verlorenen Ballwechsel im dritten Satz mit unfassbaren 53 Schlägen Bezug. „Mental ist Novak wahrscheinlich der stärkste Spieler, den es je in diesem Sport gegeben hat."
– Zverev hat Respekt vor Novak Djoković.
Ausbaufähige Major-Bilanz
Die Grand Slams bleiben irgendwie eine gläserne Decke. Obwohl er stolze 19 Turniersiege, darunter auch zahlreiche prestigeträchtige errang, fehlt Zverev ein Major-Triumph. Viermal stand er bisher bei einem der vier größten Events des Jahres im Semifinale, 2020 fehlte ihm im US-Open-Endspiel gegen Dominic Thiem gar nur zwei Punkte auf den Pokal.
Höhepunkt und Image-Wandel in Tokio
Sein Karriere-Highlight erlebte Zverev mit dem Olympiasieg in Tokio, die erste Goldmedaille für Deutschland im Herren-Einzel. „Klar, das Masters am Ende des Jahres zu gewinnen bedeutet mir viel. Aber Gold bei Olympischen Spielen ist unbezahlbar", erklärte der Sohn russischer Einwanderer im Anschluss unter Tränen.
Der Erfolg im Zeichen der Ringe änderte zugleich auch die Wahrnehmung und das Image Zverevs in der deutschen Öffentlichkeit. Bis dahin hatte er ein eher kompliziertes Verhältnis zu seiner Heimat gepflegt. Auf dem Weg zu Olympiagold beendete er im Semifinale trotz Satz- und Break-Rückstand die 22 Matches währende Siegesserie von Novak Djoković, der weiterhin diesem Lebensziel hinterherläuft.
Nebengeräusche abseits des Courts
Turbulent ging es auch neben dem Court zu. Im März war Tochter Mayla zur Welt gekommen, Ex-Freundin Brenda Patea betonte aber über ihre Soial-Media-Kanäle, das Kind allein aufziehen zu wollen.
Wenige Wochen später wurde der Tennisstar von Olga Sharypova, einer anderen früheren Lebensgefährtin und ITF-Spielerin, zum wiederholten Male der häuslichen Gewalt bezichtigt. Dass die ATP Untersuchungen zu den Vorwürfen einleitete, begrüßte Zverev explizit. Inzwischen ist er mit der Schauspielerin und Moderatorin Sophia Thomalla liiert.
Auf Instagram gibt Thomalla Einblicke in ihr gemeinsames Privatleben.
Fokus bereits auf 2022 gerichtet
Sportlich schienen die Nebengeräusche den Rechtshänder aber nicht abzulenken. „Es war ein unglaubliches Jahr mit dem bestmöglichen Ausgang", konstatierte Zverev nach dem Erfolg bei den ATP Finals.
Für 2022 peile er die Nummer eins in der Weltrangliste und seinen ersten Major-Triumph an. „Ich habe gezeigt, dass ich auf jedem Level Turniere gewinnen kann. Nur auf höchster Ebene fehlt noch der Titel. Hoffentlich gelingt es mir nächstes Jahr. Ich kann den Beginn der neuen Saison kaum erwarten."