United Cup: Tennis bleibt ein Einzelsport
Mit dem von der ATP und der WTA initiierten United Cup senden die beiden Touren zum Auftakt der neuen Saison ein durchwegs positives und zeitgemäßes Signal, das zudem einen hohen Unterhaltungswert aufweist. Der Mixed-Bewerb der Nationen zeigt aber auch, dass sich Tennis längst als Individualsport etabliert und bewährt hat.
Premiere kommt gut an
In den ersten Tagen des von den beiden Profitouren ATP und WTA ins Leben gerufenen United Cups erwies sich der Bewerb als voller Erfolg. Das erste offizielle Tennis-Event des neuen Jahres füllt die Ränge der Stadien in drei australischen Städten mit Aushängeschildern des Sports, die den Zuschauern hochklassige Matches bieten.
Das Turnier gibt den Fans auch ein initiales Gefühl, wer 2023 schnell aus den Startlöchern kommen könnte und wer nicht. Cameron Norrie und Petra Kvitova zählen definitiv zur ersteren Kategorie, Alexander Zverev wohl leider eher zu letzteren, Rafael Nadal ist wiederum noch schwer einzuschätzen.
Würdiges Vorspiel zum Happy Slam
Wie der Name der Veranstaltung schon verrät, hat der United Cup etwas Verbindendes. Männer und Frauen schauen gemeinsam Matches an, pushen sich gegenseitig, lachen zusammen, stehen beim Mixed-Doppel auf derselben Platzhälfte und machen sich sogar gelegentlich in den sozialen Netzwerken übereinander lustig.
Bezeichnend für die Wohlfühl-Atmosphäre beim Event ist eine Szene, in der sich die US-Amerikanerin Madison Keys über etwas kaputtlacht, was ihr Mannschaftskollege Frances Tiafoe in einer Wechselpause sagt. Der Moment unterstreicht den Teamgeist, den ATP-Profis und ihre WTA-Pendants beim Teilen derselben Bühne ausstrahlen, auf der es immerhin um Weltranglistenpunkte geht.
Team-Events im Trend
Dennoch scheinen sich viele Beobachter zu wünschen, diese Stars statt beim United Cup oder seiner einzig für Männer ausgetragenen Vorgängerveranstaltung ATP Cup, bei einem klassischen K.o.-Turnier zu sehen, das in den guten alten Zeiten die Saison in Down Under eröffnete. Aber warum bloß?
Während der Laver Cup von all diesen Projekten ein unbestrittener Erfolg wurde, deutet der United Cup auf eine in Zukunft engere Zusammenarbeit zwischen den Touren hin, was dem Sport insgesamt zweifellos guttun würde.
Rafa zieht mehr als Team Australia
Aktuell bleibt Tennis jedoch eine Disziplin für Individualisten. Allein im oft erbitterten Gladiatorenkampf zwischen zwei Rivalen auf dem Court liegt die Emotion und Loyalität der Fans. Selbstverständlich sind die Sitze der Ken Rosewall Arena in Sydney bei den Matches des australischen Teams vollbesetzt. Doch noch mehr Stimmung herrscht, wenn der Spanier Rafael Nadal den Platz betritt.
Die meisten Zuschauer sind offenbar mehr daran interessiert, wie sich aufstrebende Spieler wie Taylor Fritz und Caroline Garcia diese Woche schlagen bzw. was von ihnen bei den am 16. Januar beginnenden Australian Open zu erwarten ist, als die eine oder andere Nation beim United Cup erfolgreich abschneiden zu sehen.
Turnierverlauf schwer nachvollziehbar
Und im Gegensatz zu einem herkömmlichen Knockout-Format mit einem fixen Turnierraster, das leicht zu verstehen ist, können nicht alle den Verlauf eines Mannschaftsbewerbs nachvollziehen, bei dem man lange nicht weiß, wer gegen wen in den anstehenden Runden spielen wird und was der Ausgang eines Duells für den Rest des Jahres bedeuten würde.
Erster Formindikator für neue Saison
Rafa Nadal lässt sich mit seiner Anziehungskraft nicht in solche Korsetts zwängen, wie die ausverkauften Stadien in Sydney beweisen. Auch Iga Swiatek ist auf dem besten Weg, zum Pflichtprogramm für alle Tennisbegeisterten zu werden, wie die vollen Ränge in Brisbane zeigen. Und Taylor Fritz, Alex de Minaur, Caro Garcia, Cam Norrie und andere konnten einen flüchtigen Eindruck hinterlassen, was von ihnen 2023 noch an großartiges Tennis kommen dürfte.
In ihrem professionellen Leben gehören diese Vorzeige-Athleten der grenzenlosen und einzigartigen zweigeschlechtlichen Tennisnation an und nicht einem spezifischen Land. Wenn sie in einem Team zusammen spielen, herumhängen und Spaß haben, senden diese Ikonen ein durchwegs positives und vor allem zeitgemäßes Signal. Danach darf man sich aber umso mehr darauf freuen, wenn die Protagonisten wieder ausschließlich für sich selbst den Matchcourt betreten.